Unser Schatz des Monats erstmalig in Afrika entdeckt: schwarzer Nilwaran

Ein großer melanistischer (vermutlich männlicher) Nilwaran (Varanus niloticus) auf der Flucht. Kasanka-Nationalpark, Sambia, 3. November 2010 ©  Vera Rduch


Die größten Echsen der Erde, die Warane, bevölkern verschiedene Lebensräume in tropischen und subtropischen Gebieten Afrikas, Asiens und Australiens. Die Arten weisen äußerst unterschiedliche Farben und Farbmuster auf. So gibt es zum Beispiel den leuchtend grünen Smaragdwaran (Varanus prasinus), aber auch Spezies mit Punktmustern oder Querbänderungen. Oft ist die Farbe dem Lebensraum angepasst, dient der Tarnung oder beinhaltet innerartliche Signale.

Sogar innerhalb einer Waranart kann die Färbung variieren. Schwarze Exemplare finden sich mehr oder weniger regelmäßig in Populationen verschiedener Arten. Diese Schwarzfärbung nennt man Melanismus, eine im Tierreich vorkommende dunkle Pigmentierung von Haut, Haaren, Schuppen durch sehr dunkelbraune oder schwarze Farbpigmente (Melanine). “Schwarze Panther”, also schwarze Individuen von Leopard oder Jaguar, gelten als die bekanntesten. Eine Schwarzfärbung ist oft genetisch bedingt. Die Ursachen, dass Schwarzfärbung auftritt, sind ganz verschiedene: Manchmal führen erhöhte Sonneneinstrahlung, größere Luftfeuchtigkeit, niedrigere Temperatur oder andere Faktoren dazu, dass Individuen schwarz gefärbt sind. Welchen Evolutionsvorteil eine schwarze Färbung mit sich bringen kann, ist oft nicht bekannt.

Melanismus bei Reptilien ist tatsächlich ein weit verbreitetes Phänomen und wird häufig mit Vorteilen zur Wärmeregulierung in Zusammenhang gebracht. Bei manchen Arten können ganze Populationen schwarz gefärbt sein. Meist handelt es sich allerdings nur um Einzelfunde innerhalb normal-gefärbter Bestände. In mehreren Gruppen der Familie der Warane (Varanidae) wurden schwarze Individuen bislang nachgewiesen. Aber das Tier, um das es hier geht, unser Schatz des Monats, ist der erste und einzige Nachweis eines melanistischen Warans der Untergattung Polydaedalus auf dem ganzen Kontinent Afrika: der erste schwarze Nilwaran, Varanus (Polydaedalus) niloticus.

Es war allerdings keine Herpetologin oder Herpetologe im Feld, um gezielt den schwarzen Nilwaran zu suchen. Es war Dr. Vera Rduch, eine unserer Säugetierkundlerinnen, die gerade mal wieder für ihre Forschung rund um Antilopen in Sambia unterwegs war. Dabei huschte der begeisterten Zoologin und Fotografin dieser Waran vor die Kamera – nur ein äußerst kurzer Moment, der aber für einen “Schnappschuss” reichte. Im Anschluss an ihre Rückkehr nach Deutschland tauschte sie sich mit den Kollegen der Reptilienforschung aus, die sich vor allem für die Beobachtungen der Warane interessierten. Tatsächlich stellte Prof. Dr. Wolfgang Böhme sofort fest, dass dieser Waran auf den Bildern besonders war. Ganz nebenbei, und fast zufällig, stellte sich also heraus, dass mit dem Bild der allererste Nachweis für einen melanistischen Nilwaran gelang. Diese fotografische Dokumentation wurde im letzten Jahr in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung im Zusammenhang mit dem Melanismus innerhalb der Warane dargestellt.

Unsere Sammlungen umfassen mehrere Millionen Exemplare verschiedenster Tierarten, darunter auch Teile von Arten. Ebenso wie alle anderen Sammlungen wächst auch die Gewebesammlung ständig, die Material für genetische Analysen bereit hält. Gleichzeitig existiert eine bedeutende Fotodatenbank, die zusätzlich zu den bekannteren Sammlungen wesentliche wissenschaftliche Daten liefert. Hier ist der Fund nun festgehalten. Mit der Aufnahme eines Bildes in die Datenbank werden definierte Mindestanforderung erfüllt, die für alle wissenschaftlichen Sammlungen gelten: Neben einer sicheren Bestimmung der Art, also des Artnamens, werden das genaue Datum der Erfassung sowie Angaben wie beispielsweise zum Lebensraum festgehalten. Unsere Expertinnen und Experten überprüfen alle Daten vor der Aufnahme in die Datenbank auf ihre Richtigkeit. Einen besonderen Blick werfen wir natürlich auf besonders geschützte Arten mit naturschutzfachlicher Bedeutung.

Weltweit sind derzeit 82 beschriebene Waran-Arten durch CITES, das Washingtoner Artenschutzübereinkommen, geschützt. Der unkontrollierte Handel mit lebenden Waranen für den Heimtiermarkt sowie mit ihren Häuten für die Lederindustrie bedroht viele dieser Arten dar. Tausende Warane und Waranhäute werden jährlich für die Lederindustrie nach Deutschland eingeführt. Leider lassen sich die 82 wissenschaftlich beschriebenen Arten oftmals nur sehr schwer voneinander unterscheiden. An der Entwicklung einer visuellen Bestimmungshilfe für die Waranarten der Welt war das LIB zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz maßgeblich beteiligt. Um Warane wirklich schützen zu können, müssen die verschiedenen Arten auch eindeutig identifiziert werden.

Weitere Informationen zum Melanismus bei Waranen findet ihr in der zu diesem Fund gehörenden Veröffentlichung:

Melanism in monitor lizards (Squamata: Varanidae), with a first case in the Nile Monitor, Varanus (Polydaedalus) niloticus (Squamata: Varanidae)
von Wolfgang Böhme, Thore Koppetsch and Vera Rduch in Herpetology Notes, volume 15: 257-262 (2022) (published online on 26 April 2022)

https://www.biotaxa.org/hn/article/view/72870

Und hier geht es zum Bestimmungssschlüssel (pdf anklicken):
https://www.bfn.de/publikationen/bfn-schriften/bfn-schriften-554-visuelle-bestimmungshilfe-fuer-die-waranarten-der

Verwandte Artikel

  • Forschung, LIB, Pressemitteilung

    Neue Schmetterlingsart entstand vor 200.000 Jahren durch Kreuzung zweier anderer Arten

    Bei der Entstehung neuer Arten denken wir an einen Prozess, bei dem sich eine angestammte Art in mindestens zwei neue Arten aufspaltet. Nun hat ein internationales Wissenschaftsteam unter Beteiligung von Forschenden des LIB die Entstehung einer neuen Art durch Hybridisierung nachgewiesen.

    Mehr erfahren
  • Forschung, LIB, Pressemitteilung

    Science Studie: Vielfalt in der Landwirtschaft bringt ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Gewinn

    Eine vielfältige Landwirtschaft nutzt nicht nur der Natur, sondern sichert auch uns Menschen die Nahrungsgrundlage und den Agrarbetrieben den wirtschaftlichen Ertrag. Das belegt eine aktuelle globale Studie im Fachjournal Science unter Mitwirkung des LIB.

    Mehr erfahren
  • LIB, Wissensvermittlung

    Veranstaltungsprogramm April 2024

    Digital und in Präsenz: Das Museum Koenig in Bonn und das Museum der Natur Hamburg bieten eine Bandbreite an Veranstaltungen an.

    Mehr erfahren