Es war eine Veranstaltung mit Zukunftsvision, ein Kurs, der für Studierende aus der Ukraine mehr als nur eine Lerneinheit war. Das LIB unterstützte als Mit-Initiator ein Praxisprogramm für ukrainische Biologiestudierende aus Kharkiv und damit die Ausbildung derjenigen, die die von Bomben, Panzern und Minen versehrten Naturräume wieder in den Vorkriegszustand versetzen müssen.
„Für die meisten der aus der Ukraine angereisten Studierenden war dies der erste Auslandsbesuch, das erste Freiland-Praktikum und die erste Gelegenheit, Studierende „live“ und nicht als Kachel auf dem Bildschirm zu sehen“, beschreibt Andreas Schmidt Rhaesa, Kurator für Wirbellose Tiere im Museum der Natur Hamburg des LIB, seine Eindrücke aus dem zweitägigen Praxisseminar. „Das Miteinander und das große fachliche Interesse der 17 Gäste aus der Ukraine miterleben zu können, war sehr berührend.“
Die Ukraine sei sehr bemüht, den universitären Betrieb aufrechtzuerhalten, auch wenn dies teilweise und vor allem im Osten des Landes nur unter schwierigen Umständen möglich sei. Aufgrund der Kriegssituation werden Studierende der V.N. Karazin Kharkiv National University in Kharkiv, Ukraine, derzeit nur online unterrichtet.
Das LIB hatte zusammen mit der Universität Hamburg und weiteren Unterstützern dieses rein spendenfinanzierte Pilotprojekt als Solidaritätsbekenntnis gegenüber der Ukraine gestartet. Die Organisatoren möchten im nächsten Jahr hieran anknüpfen und denken auch an Auslandssemester für die Studierenden.
Tümpel, Wiesen, Wald und Elbholz - das Kursprogramm in der norddeutschen Feldstation Pevesdorf umfasste Sammel- und Bestimmungsübungen an Tieren und Pflanzen und Einheiten für das Verständnis von ökologischen Zusammenhängen. Dieses Wissen sei für die Studierenden der Biologie essentiell, so Schmidt-Rhaesa, besonders mit Blick auf die durch den Krieg zerstörten Naturlandschaften in der Ukraine.
Durch Kriegstätigkeiten werden Naturlandschaften stark beansprucht und beeinträchtigt. Größere Tiere werden verwundet, abgeschossen oder durch Lärm vertrieben. Schützengräben, Fahrten mit militärischem Gerät, Sprengungen durch Bomben oder Minen reißen Landschaften auf und verändern sie. Reste von Munition und Kriegsgerät können Böden verseuchen. All diese Veränderungen wirken sich negativ auf den lokalen Tier- und Pflanzenbestand aus.
Andreas Schmidt-Rhaesa: „Besonders nach dem Ende des Krieges wird die Ukraine auf Fachkräfte angewiesen sein, die sich um den Schutz und die Wiederherstellung von Naturlandschaften kümmern.“