Ein Team des Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) hat Tutorials veröffentlicht, mit deren Hilfe Sammlungsdaten naturkundlicher Museen per Smartphone schnell und kosteneffizient ausgelesen werden können. Die Forschenden leisten damit einen wichtigen Beitrag zur schnelleren Digitalisierung der Sammlungen von diesen Forschungseinrichtungen.
In diesen Archiven von Biodiversität in Raum und Zeit wird eine enorme Menge an potenziellem Wissen aufbewahrt. Doch nur ein kleiner Teil der Informationsdaten zu unserer Biodiversität ist vollständig erschlossen und steht der globalen Forschung digital zur Verfügung.
Derzeit gibt es weltweit große Anstrengungen, naturkundliche Sammlungen mitsamt den dazugehörigen Objektinformationen und Metadaten zu digitalisieren. Rund um den Globus sterben aufgrund von Naturzerstörung und des Klimawandels massenhaft Arten aus, ohne dass sie überhaupt wissenschaftlich beschrieben wurden.
Angesichts dieser Biodiversitätskrise wird die globale Vernetzung des Artenwissens immer drängender. Doch nur 16 Prozent der 1,1 Milliarden Objekte, die in den 73 größten Naturkundemuseen der Welt bewahrt werden, verfügen über digital auffindbare Datensätze - wie erst kürzlich eine Studie im Fachmagazin Science öffentlich gemacht hat.
Bei der Digitalisierung spielt die automatische Erfassung von Insekten-Etikettendaten eine zentrale Rolle. Die Schrift ihrer Etiketten misst nur wenige Millimeter. Für das Einlesen dieser Etiketten waren bislang eine teure technische Ausstattung und speziell geschultes Personal nötig.
Die neue Methode bietet nun eine einfache, preiswerte Alternative an: Per Smartphone lassen sich drahtlos sehr unkompliziert und schnell maschinen- oder handgeschriebene Etiketten auslesen, wie die Autoren in dem Tutorial erklären: Sie überspringen den Schritt der statischen Bilderfassung der Etiketten, die bei den meisten Exemplaren unnötig ist, und lesen stattdessen die Informationen auf den Etiketten direkt in den Datenspeicher ein. Für einen Scan brauchen sie nur wenige Sekunden. Weil weniger Bilder gespeichert werden müssen, wird ebenfalls der CO2-Abdruck der Digitalisierung reduziert.
Für die Anwendung stellen die Autoren alternative Verfahrensanweisungen für Android- und Apple-basierte Umgebungen sowie Protokolle für Einzel- und Massenscans zur Verfügung. „Wir erwarten, dass diese Art der Datenerfassung eine große Hilfe für eine einfache, kostengünstige und nachhaltige Digitalisierung in der Taxonomie und Sammlungsverwaltung sein wird, unabhängig von großen industriellen Digitalisierungspipelines“, betont Dirk Ahrens, Insektenforscher am Museum Koenig Bonn des LIBs. „Diese Methode ist vor allem auch hilfreich für Amateurwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler oder Profis, die keine technische Assistenz finanzieren können.”
Museen verleihen große Mengen an Exemplaren per Paketversand in die ganze Welt, um die Tiere von international führenden Spezialisten bestimmen zu lassen. „Im Hintergrund haben wir in der Taxonomie eine große helfende Gemeinschaft. Gerade deshalb brauchen wir flexiblere und vor allem einfache, kostengünstige Lösungen wie diese, die eine effizientere Datenverarbeitung ermöglichen und die Entdeckung der Biodiversität beschleunigen.”
Das Autorenteam Dirk Ahrens, Alexander Haas, Thaynara L. Pacheco und Peter Grobe möchten mit dieser Methode die gesamte Wissenschaftsgemeinschaft darin unterstützen, Daten der Biodiversität zugänglich zu machen. „Taxonomische Spezialistinnen und Spezialisten für Insekten sind rar und ihre Zeit ist extrem kostbar. Gleichzeitig gibt es große Mengen unbestimmter Arten“, so Ahrens.
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- Leitung Abteilung Arthropoda
- Leitung Sektion Coleoptera
Tel.: +49 228 9122 286
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