Wie hat sich die biologische Vielfalt in Deutschland in den vergangenen 60 Jahren verändert? Und was bedeutet dieser Wandel für unsere Zukunft? Welchen Einfluss haben dabei Landnutzung, Klimawandel und die Begradigung von Wasserläufen? Diesen Fragen geht das neue, bundesweite Forschungsprojekt „TrenDiv“ nach, an dem das LIB mit Fokus auf das Grundwasser vor allem im Raum Hamburg mitarbeitet.
Ziel des Projekts ist es, Veränderungen der biologischen Vielfalt an ausgewählten Standorten in Deutschland zu analysieren und Prognosen für eine zukünftige Entwicklung zu treffen. Die Projektteams kehren genau zu den Standorten zurück, an denen vor 60 Jahren Proben genommen wurden und vergleichen die aktuellen Erhebungen mit den historischen Sammlungsobjekten und Informationsmaterialien. Die Untersuchungen am LIB betreffen unter anderem die Auswirkungen veränderter Landnutzung auf das Grundwasser und die Ökosysteme sowie die Qualität des Wassers.
„Wir wollen wissen, wie sich die Biodiversität auch in schwer zugänglichen oder nicht beachteten Lebensräumen wie Boden, Sediment oder Grundwasser in den letzten sechs Jahrzehnten verändert hat und welche Auswirkungen das auf die Ökosysteme hat“, erklärt Nancy Mercado Salas, Expertin für Krustentiere am LIB in Hamburg und eine der Projektverantwortlichen. Während beispielsweise Säugetiere und Vögel hierzulande sehr gut erforscht seien, wisse man über winzige Tiere wie Fadenwürmer, Ruderfußkrebse oder fliegende Insekten kaum etwas. Dabei spielten gerade sie eine zentrale Rolle in den Kreisläufen der Natur – und für das Grundwasser.
Mit ihrem Projektteam, darunter Doktorandin Fanny Sieler, erforscht die Wissenschaftlerin Flussauen, unterirdische Grundwassersysteme, Flussbetten wie das der Elbe in Hamburg, und auch einige Orte, an denen Quellen oder Brunnen zu finden sind. Dabei werden sie die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Biodiversität in Grundwassersystemen analysieren. Um eine gute Vergleichsbasis zu haben, entnimmt das Team gezielt Proben auch an Orten , die möglichst unverändert geblieben sind.
Mit all den historischen und aktuellen Daten will das Projektteam schließlich auch Szenarien für die Zukunft entwickeln – zum Beispiel: Wie entwickelt sich die Artenvielfalt, wenn wir so weitermachen wie bisher? Welche Lebensräume sind besonders gefährdet? Wo kann Schutz besonders wirksam greifen?
„Wir glauben oft, wir wissen in Deutschland alles über unsere Natur – aber bei genauerem Hinsehen stellen wir fest: Wir wissen erschreckend wenig über jene Lebensräume, die verborgen sind“, betont Nancy Mercado Salas. „Unser Projekt kann helfen, diesen blinden Fleck zu schließen – und damit Grundlagen für wirksameren Schutz zu schaffen.“
Das von Frühjahr 2025 bis 2028 laufende Projekt „TrenDiv“ wird von der Leibniz-Gemeinschaft gefördert und vereint unter der Leitung der Senckenberg-Gesellschaft die Expertisen verschiedener Leibniz-Institute.
Wissenschaftliche Ansprechperson