Der Umgang mit menschlichen Überresten in schulischen Biologiesammlungen ist ein sensibles Thema – etwa 40 Prozent der weiterführenden Schulen in Hamburg verfügen über solche Human Remains. Orientierung für Lehrkräfte bietet nun eine neue Handreichung, die im Rahmen eines Kooperationsprojekts unter der Federführung der Universität Hamburg erarbeitet wurde. Vom LIB ist Daniel Bein, Leiter der Bildung und Vermittlung am Museum der Natur Hamburg, in das Projekt involviert.
Im Fokus des Leitfadens stehen – neben einer aktuellen Lagebeschreibung sowie einer historischen, juristischen und wissenschaftsethischen Einordung – vor allem verschiedene Anregungen für den konkreten Umgang mit menschlichen Überresten im Schulkontext. Unter anderem wird gezeigt, wie Schülerinnen und Schüler in die Erforschung der entsprechenden Sammlungsbestände und die Entscheidung über ihre Zukunft einbezogen werden können. Thematisiert wird zudem die Frage, wie Human Remains und der veränderte gesellschaftliche Umgang mit ihnen eine Auseinandersetzung mit den Themen „Tod“ und „Umgang mit dem toten Körper“ im Unterricht anstoßen können.
Am Citizen-Science-Projekt „HUMANS“ nahmen 2022 und 2023 drei Schulgruppen verschiedener Klassenstufen teil. Alle Teilnehmenden untersuchten gemeinsam Human Remains mithilfe nicht-invasiver Methoden und erhielten in Workshops theoretisches Wissen, etwa zu Grundlagen der Provenienzforschung, das sie anschließend an der eigenen Schule anwenden konnten. Unterstützt wurden sie dabei von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen, etwa der forensischen Anthropologin PD Dr. Eileen Jopp-van-Well und dem Medizinhistoriker Ralf Höger vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Alle Einheiten wurden zudem durch intensive gemeinsame Diskussionen reflektiert.
Darüber hinaus ermöglichte die ergebnisoffene Gestaltung des Projektes individuelle Erweiterungen des Programms. So besuchte eine Gruppe ein Bestattungsunternehmen und sprach mit den Mitarbeitenden über Pietät im Umgang mit Verstorbenen. Eine andere Gruppe recherchierte zu ehemaligen Lehrmittelherstellern als Vertriebsstellen von Lehrmaterialien aus Human Remains. In der Handreichung schildern die Autorinnen und Autoren detailliert, mit welchen Fragen sich die Schülerinnen und Schüler auseinandersetzten, welche Entwicklungen es im Laufe des Projektes gab und was es bei der Beschäftigung mit diesem Thema zu beachten gilt. Abschließend wird darauf eingegangen, wie diese in den Lehrplan integriert werden kann.
„Es geht nicht darum, den einen – vermeintlich richtigen – Umgang mit diesen Sammlungsbeständen vorzuschreiben, sondern Handlungsoptionen aufzuzeigen und eine ethische Diskussion zu befördern“, erklärt Dr. Antje Nagel, Leiterin des Museums der Universität Hamburg und gemeinsam mit Daniel Bein, Leiter des Betriebes des Museums der Natur Hamburg, Initiatorin des Projektes. Projektleiterin Lara Hemken ergänzt: „Schülerinnen und Schüler können bei diesem wichtigen Thema einbezogen werden – für so eine Auseinandersetzung braucht es aber Zeit, Freiraum, Vertrauen und Unterstützung im Kollegium. Die Handreichung gibt hier Impulse und wichtige Hinweise.“
Das Projekt „HUMANS“ ist eine Kooperation der Universität Hamburg mit dem Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB), dem Institut für Rechtsmedizin und dem Medizinhistorischen Museum am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sowie dem Landesinstitut für Qualifizierung und Qualitätsentwicklung in Schulen (LI). Es wurde ein Jahr lang von der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung im Rahmen der Landesinnovationsförderung „Science for Society“ unterstützt.
Auch nach Abschluss des Projektes wird die Aufarbeitung von Human Remains in Schulen aktiv unterstützt. „Neben der Handreichung, die kostenlos auf der Website des LI abrufbar ist, können sich interessierte Lehrkräfte bei uns jederzeit zum Thema informieren und erhalten Beratung zu eigenen Schulprojekten“, sagt Lars Janning, Leiter des Referats für Naturwissenschaften am LI. Auch das LIB biete mit dem Programm „Menschliche Überreste in Sammlungen von Museen und Schulen“ einen Überblick zu diesem Thema.
Die Handreichung direkt downloaden
Ansprechperson
- Leitung Museumsbetrieb Zoologie
- Bildung & Vermittlung & Besuchermanagement
Tel.: +49 40 238317 925 / 555
E-Mail: d.bein@leibniz-lib.de