Die Forschung an den „schwangeren Fischen“ geht weiter

Eier-tragende Weibchen von Oryzias eversi und Adrianichthys oophorus. © Jana Flury

 

Bestimmte Arten von Reisfischen praktizieren sogenanntes Bauchbrüten: Sie tragen ihre Eier am Körper, bis diese schlüpfen und streifen sie nicht wie andere Reisfischarten etwa an Pflanzen ab. Dieses Phänomen wird von unseren Forschenden eingehender untersucht. In einer neuen Studie zu diesem Thema, analysieren Forschende den Genfluss zwischen Reisfischarten und versuchen die Gene zu identifizieren, die für das Bauchbrüten verantwortlich sind.

Es gibt sie nur auf der indonesischen Insel Sulawesi: verschiedene Reisfischarten der Gattungen Oryzias und Adrianichthys – die ihre Eier mit sich tragen, bis diese schlüpfen. Eine Fortpflanzungsstrategie, die als Bauchbrüten bezeichnet wird und die von den zahlreichen weiteren Arten von Reisfischen in Südost-Asien nicht praktiziert wird. Bislang fanden unsere Forschenden heraus, welche Faktoren das Bauchbrüten begünstigen und dass sogenannte „innovative Entzündungen“ dabei eine wichtige Rolle spielen.

Die jüngste Studie erschien in „Genome Biology and Evolution“, hierin untersucht ein internationales Team von Forschenden u.a. vom LIB und der Universität Basel die beiden Entwicklungslinien der bauchbrütenden Reisfische genauer, um herauszufinden, ob es Genfluss zwischen den beiden Arten gab oder ob sie sich unabhängig voneinander so entwickelt haben. Die Forschenden gehen davon aus, dass sich die zwei Entwicklungslinien vor etwa 16 Millionen Jahren getrennt haben und sich jüngere bauchbrütenden Arten vor etwa ein bis zwei Millionen Jahren wiederum voneinander abspalteten.

Dr. Julia Schwarzer ist neben weiteren Forschenden des Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) Autorin der Studie; zudem leitet sie die Sektion Evolutionäre Genomik am Museum Koenig Bonn. Sie fasst die Ergebnisse der neuesten Studie zu dem Thema wie folgt zusammen: „Wir konnten keine Hinweise dafür finden, dass es Genfluss zwischen den beiden Reisfischarten gab. Und das ist für uns aber sehr spannend, da wir nun davon ausgehen können, dass diese Fortpflanzungsmethode mehr oder weniger unabhängig voneinander bei beiden Arten entstanden ist.“

Zum Beispiel sei sehr aufschlussreich gewesen, dass die Adrianichthys Arten im Poso-See auf Sulawesi sich einen Lebensraum mit Ei-abstreifenden Reisfischen teilen: „Wir konnten bei diesen Nicht-Bauchbrütern des Sees wiederum Genfluss mit den anderen bauchbrütenden Oryzias Arten nachweisen.“ Hierdurch zeige sich einmal mehr, wie komplex das evolutionäre System funktioniere und wie umfangreiche Untersuchungen durchgeführt werden müssten, um es gänzlich nachvollziehen zu können.

Aus diesem Grund bleibt eine Gruppe von Forschenden am LIB, unter der Leitung von Julia Schwarzer, am Ball und versucht immer neue Erkenntnisse zu dem Phänomen „Bauchbrüten bei Reisfischen“ zutage zu fördern. So ist bereits bekannt, auf welchen Chromosomen der Code verborgen liegt, der für die Ausbildung von morphologischen Merkmalen des Bauchbrütens verantwortlich ist, aber die Gene bleiben weiter unbekannt. Zu den Merkmalen zählen beispielsweise eine lange Bauchflosse oder eine charakteristische Einbuchtung unten am Körper der Reisfische.

Nun stellen sich unsere Forschenden den Fragen, was sich genetisch verändert hat, seitdem sie mit dem Bauchbrüten begonnen haben und wie alle Faktoren aus den bisherigen Studien und Erkenntnissen zusammenhängen. Zudem soll eine Studie folgen, in der das gesamte Genom einer bauchbrütenden Art sequenziert wird.


Studie: https://academic.oup.com/gbe/article/15/8/evad138/7231205

Poso-See, Sulawesi, Indonesien: Habitat von bauchbrütenden Adrianichthys- und nicht-bauchbrütenden Oryzias-Reisfischen. © Jana Flury

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