FörTax im Fokus: Artenkenntnis fördern
FörTax mit Katja Waskow (Mitte) und Jonathan Hense (rechts) beim Tag der offenen Tür des BMUV. © FörTax
Ziel des FörTax Projektes ist es, Artenkenntnis auf allen Ebenen zu fördern und so dem Rückgang an Artenkennerinnen und Artenkennern entgegenzuwirken. Dafür haben sich das LIB, Museum Koenig Bonn, die DELATTINIA e.V. – Naturforschende Gesellschaft des Saarlandes und die Fachdidaktik Biologie der Universität Bonn zusammengeschlossen. Im Interview zieht Katja Waskow, FörTax-Koordinatorin, eine Zwischenbilanz und gibt einen Ausblick auf die zukünftigen Aktivitäten.
Warum ist das Thema Artenkenntnis so wichtig?
Sie ist die Grundlage für den Naturschutz und für ein nachhaltiges Leben. Wenn wir die Natur und die Arten vor unserer Tür kennen, schätzen und uns gerne darin aufhalten, sind wir eher bereit, sie zu schützen. Wir möchten, dass die Menschen von sich aus die Motivation haben, sich für den Naturschutz einzusetzen – und das geht über Artenkenntnis wunderbar. Die Fachdidaktik Biologie der Universität Bonn, ein FörTax-Projektpartner, geht auch den Fragen nach: Was macht Artenkenntnis mit uns Menschen? Und warum ist sie gut für uns?
Welche Projektmodule laufen am Museum Koenig Bonn?
Insgesamt sind wir für drei Module verantwortlich: die Bestandsaufnahme, die Konferenzreihe „FörTaxCon” und die „FörTax-Clubs”, unser Bildungsangebot für Jugendliche ab 14 Jahren.
Was umfasst die Bestandsaufnahme und was ist das Ziel?
Es geht darum zu ermitteln, welche Artenkenntnisangebote es gibt, welche Institutionen, Museen, Universitäten, Vereine und Privatleute Artenkenntnis-fördernde Kurse, Exkursionen oder Ähnliches anbieten und wie der Bedarf ist. Die Ergebnisse der Recherchen werden in einer Datenbank zusammengetragen, die Anfang 2023 für jeden zur Verfügung stehen wird. Darin werden die Akteurinnen und Akteure und ihre Angebote im deutschsprachigen Raum erfasst. Interessiert man sich zum Beispiel für einen Bienenkurs, kann man in der Datenbank gezielt nach entsprechenden Angeboten für eine bestimmte Region suchen. Ein übergeordnetes Projektziel ist außerdem, aus den gesammelten Daten Handlungsempfehlungen an die Politik abzuleiten und zu zeigen, wie die Vermittlung von Artenkenntnissen gezielt gefördert werden kann.
2021 hat die erste „FörTaxCon” digital stattgefunden. Gibt es bereits Planungen für die zweite Ausgabe der Konferenz?
Die erste „FörTaxCon” war ein Kennenlernen und sollte die Akteurinnen und Akteure aus dem Bereich Artenkenntnis zusammenbringen. Bei der zweiten Konferenz soll es in Richtung Problembehandlung, mögliche Lösungsansätze und Perspektiven gehen. Wir möchten festhalten, woran es mangelt, welche Herausforderungen es gibt und was wir brauchen, um dem entgegenzutreten. Geplant ist sie für Anfang November 2023.
Was erwartet Interessierte bei den „FörTax-Clubs”?
Die „FörTax-Clubs” richten sich an Jugendliche ab 14 Jahren und sind ein Pendant zum Sportverein oder zur Musikschule. Die Jugendlichen treffen sich einmal wöchentlich in einer festen Gruppe und entscheiden dort selbst, welche Themen behandelt und welche Expertinnen und Experten eingeladen werden, machen Exkursionen und gestalten selbst Projekte.
Wie versuchen Sie, die Menschen außerhalb der Wissenschaftsbubble zu erreichen?
Wir wollen natürlich möglichst viele Menschen erreichen und Artenkenntnis in die breite Gesellschaft tragen. Daher waren wir unter anderem beim Museumsmeilenfest, bei der „Bonner Wissenschaftsnacht” oder dem Bonner Nachhaltigkeitsfestival „Bonn – Rundum nachhaltig”. Ein Highlight war sicherlich die Teilnahme am Tag der offenen Tür der Bundesregierung auf Einladung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), dem Geldgeber des Projekts. Wir waren eines der ausgewählten Projekte, das sich auf dem Potsdamer Platz in Berlin vorstellen durfte. Jonathan Hense, von der Fachdidaktik Biologie der Universität Bonn, und ich hatten sogar die Möglichkeit, im Rahmen des Bühnenprogramms ein kurzes Interview zu FörTax zu geben.
Mit wem sind Sie in diesem Rahmen in Kontakt gekommen?
Das Publikum an öffentlichen Ständen reicht vom Obdachlosen bis zur Staatssekretärin. Solche Veranstaltungen ermöglichen es uns auch, die „Nicht-Besucher” zu erreichen, also die Menschen, die unser Museum normalerweise nicht besuchen. Wir können mit ihnen ins Gespräch kommen und Lust auf Artenkenntnis machen. Meistens haben wir ein Quiz dabei, zum Beispiel mit Vogelpräparaten von heimischen Arten, denen Artnamen zugeordnet werden sollen. Erstaunlicherweise klappt die Zuordnung meist besser als die Leute denken, sodass sie gleich ein positives Gefühl mit Artenkenntnis verbinden.
Im September 2020 gab es den offiziellen Startschuss für FörTax. Welche Bilanz können Sie bislang ziehen?
Ich bin sehr überrascht, dass wir bis jetzt sehr viel mehr geschafft haben, als geplant. Es ist super losgegangen. Trotz Corona konnten die „FörTax-Clubs” 2021 direkt zu Jahresbeginn starten – alles digital. Wir haben früh begonnen zu experimentieren und hatten keine Scheu online zu gehen. Ein Vorteil war hier sicherlich, dass durch andere Kurse und Projekte am Museum Koenig Bonn Jugendliche gezielt angesprochen werden konnten, ob sie Lust haben mitzumachen. Auch bei der „FörTaxCon” haben wir uns für das digitale Format entschieden und konnten mit 500 Anmeldungen unser angestrebtes Ziel deutlich übertreffen. Die Bestandsaufnahme ist weitestgehend unabhängig von Corona, sodass in der Datenbank bereits zahlreiche Akteurinnen und Akteure erfasst sind. Außerdem haben wir bereits zwei Publikationen veröffentlicht. Auch bei unseren Projektpartnern fällt die erste Bilanz positiv aus. Die Fachdidaktik Biologie hat viele Daten gesammelt und die „DELATTINIA” hat ihre „Akademie für Artenkenntnis” schon zu großen Teilen aufgebaut. Was wir schon jetzt festgestellt haben ist, dass wir für die verschiedenen Angebote meist mehr Anmeldungen haben, als Plätze zur Verfügung stehen und wir eigentlich mehr anbieten müssten.
Auf welche kommenden Aktionen und Veranstaltungen können wir uns freuen?
Wir haben bereits einen Beitrag im Buch zur Sonderausstellung „Facettenreiche Insekten”, die schon im Museum der Natur Hamburg und in Braunschweig zu sehen war und aktuell durch Deutschland wandert, geschrieben. Wir würden aber gerne ein eigenes Artenkenntnisbuch herausbringen. Zudem planen wir einen Podcast zum Thema Artenkenntnis, für den wir andere Projekte, Akteurinnen und Akteure sowie Expertinnen und Experten ansprechen möchten. Das Ziel wäre eine Podcast-Premiere bei der nächsten „FörTaxCon” im November 2023. Zusammen mit unseren Kolleginnen und Kollegen in Hamburg arbeiten wir daran, eine Förderung für einen „FörTax-Club” dort am Museum der Natur Hamburg zu bekommen. Außerdem planen wir Präsenztreffen zusammen mit kleineren Museen und Vereinen in ganz Deutschland, die ebenfalls an anderen Standorten Artenkenntnis lokal fördern sollen.
Welche langfristigen Ziele haben Sie sich gesetzt?
Langfristig möchten wir das FörTax Projekt natürlich über 2026 hinaus fortsetzen. Es ist super, dass wir sechs Jahre Förderzeit haben. Das ist sehr viel länger als bei vielen anderen Projekten. Aber ich finde es unendlich schade, wenn so viel Energie und Zeit investiert wird und tolle Formate oder hilfreiche Tools, wie die Datenbank, entstehen, diese dann aber nach der Projektlaufzeit nicht mehr fortgeführt werden. Die Datenbank muss kontinuierlich weiter gepflegt werden, ebenso wie die aufgebauten Netzwerke für die Konferenzen. Und auch in sechs Jahren wird es noch Jugendliche geben, die Interesse an Artenkenntnis haben und gerne zu uns in den „FörTax-Club” kommen würden. Daher wäre eine Verstetigung ideal oder zumindest eine Anschlussfinanzierung zum Beispiel als Folgeprojekt. Ich denke, wir sind da auf einem guten Weg und können zuversichtlich nach vorne schauen.
Das FörTax Projekt (Förderung von taxonomischen Wissen als Grundlage für den Naturschutz) wird durch das Bundesamt für Naturschutz im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt, mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie mit Mitteln des Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz des Saarlandes und der Dr. Hans Riegel-Stiftung gefördert. Das LIB, Museum Koenig Bonn ist koordinierender Projektpartner.
Weitere Informationen zu FörTax unter https://foertax.de und auf den Social Media Kanälen.