Gesichter des LIB: Alexander Suh

„Es geht mir darum, das zu verstehen, was wir mit unseren Augen sehen, was wir erahnen und wie man diese verschiedenen Puzzleteile zum Erkenntnisgewinn zusammenführen kann. Immer mit der Neugier als treibender Kraft dahinter.“

 

Alexander Suh liebt es, die Natur mit ihren Tieren und Pflanzen zu erkunden. © Mathilde Brunel

 

Neugierig, experimentierfreudig, verbindend: Mit diesen Vorzeichen hat Alexander Suh im April 2023 die Leitung des Zentrums für Molekulare Biodiversitätsforschung (zmb) im LIB übernommen. Hochspezialisierte Forschung profitiert aus seiner Sicht von der Verbindung unterschiedlicher Disziplinen, vom Perspektivwechsel und dem Austausch der beteiligten Menschen.

Was hat Sie zur Biologie geführt?

Als Kind bin ich mit meinem Vater in den verschiedensten Bergflüssen und der Küste Südkoreas entlanggelaufen. Wir haben dort Krabben, Garnelen und Fische gefangen. Das hat eine frühe Leidenschaft für Tiere in mir hervorgerufen. Gleichzeitig haben mich meine Eltern sehr geprägt, weil sie sehr gerne gärtnern und sehr pflanzenaffin sind. Deswegen habe ich schon seit jeher eine starke Passion für Tiere, Pflanzen und generell Biodiversität gehabt. Ich wollte als kleines Kind schon alles verstehen, was es an Organismen gibt.

Was wären Sie geworden, wenn es mit der Biologie nicht funktioniert hätte?

Ich hatte ganz früher zwischenzeitlich den Gedanken, Astronaut zu werden. Ich werde aber sehr schnell seekrank. Daher hatte es sich das mit dieser Berufswahl sehr schnell erledigt. Alternative Berufe waren und sind für mich Gärtner oder Tierpfleger.

Was treibt Sie als Forscher an?

In einem Wort: Neugier. Es geht mir darum, das zu verstehen, was wir mit unseren Augen sehen, was wir erahnen und wie man diese verschiedenen Puzzleteile zum Erkenntnisgewinn zusammenführen kann. Immer mit der Neugier als treibender Kraft dahinter.

Was sind die Highlights Ihres Berufsalltags?

Es ist nie das Gleiche. Und man weiß nie, was einem am nächsten Tag an Forschungsergebnissen oder Erkenntnissen entgegenkommen kann. Bei vielen Projekten ist es oftmals gleichzeitig frustrierend aber auch das Spannendste, wenn man komplett falsch gelegen hat mit seinen Erwartungen und etwas ganz anders dabei herausgekommen ist. Ein weiteres Highlight ist auch, dass man in der Forschung Schritt für Schritt mehr Verantwortung übernimmt, verschiedenste Studierende anlernt und dann Doktoranden und Postdocs betreut. Dadurch ergeben sich die unglaublich spannenden Interaktionen mit Menschen, die Diversität an Forschungsfeldern, an Ideen und auch an Backgrounds, an Sichtweisen, die man im Forschungsprojekt hat. Das ist etwas, was diesen Beruf sehr, sehr besonders macht.

Was bedeutet Natur für Sie persönlich? Gibt es einen Lieblingsort in der Natur?

Natur ist überall. Und da ist es natürlich schwer, sich einen bestimmten Ort herauszusuchen. Aber vielleicht sind es gerade Orte, die man schon seit längerem kennt und bei denen man das Gefühl hat, dass sie trotzdem noch intakt sind nach all den Jahren. Konkret fallen mir da bestimmte Orte im südkoreanischen Wattenmeer ein, wo ich mich sehr, sehr wohlfühle.

Krebse, Fische, Schmetterlinge. Was hat Ihre ganz persönliche Zuneigung und warum?

Vor allem Fische. Das hat sich aus frühkindlichen Erfahrungen so ergeben, aber im Endeffekt interessiere ich mich für alles. Wenn ich in der Natur bin, möchte ich schauen, was es da gibt, es ist für mich ein Reflex, Steine umzudrehen und zu sehen, was darunter ist, sich die Borke am Baum anzuschauen oder ins Wasser reinzugucken.

Wie erklären Sie Kindern den Begriff Biodiversität?

Es ist eine Vielfalt an Formen, Farben und Funktionen im Ökosystem.

Was sollen die Menschen in zehn Jahren mit dem LIB assoziieren?

Es soll noch stärker als ein Ort wahrgenommen werden, an dem man verstehen kann, was Natur ausmacht, was konkret Biodiversität ist und was der Wandel in unserem Namen bedeutet. Wie misst und versteht man das? Was bedeutet das für uns als Menschen? Und was bedeutet das im Umkehrschluss auch für die Natur? Wir sind ja auch Teil der Natur. Was bedeutet das für alle anderen Organismen? Ich hoffe auch, dass Leute in zehn Jahren vielleicht mehr Möglichkeiten haben, sich beim Erforschen zu engagieren. Weil so viel zu tun ist im Umweltschutz.

Was ist für Sie die größte Herausforderung auf dem Gebiet des Umweltschutzes?

Wenn wir jetzt bestimmte Arten erhalten wollen, wie entscheidet man das? Die großen flauschigen Tiere nehmen? Vielleicht vergessen wir all die Tiere, die vielleicht genauso wichtig für die Natur sind oder für uns und unser menschliches Weiterbestehen. Wer entscheidet das? All diese Sachen sind wichtig zu klären. Das gesellschaftliche Bewusstsein ist mittlerweile da und ich glaube, die größte Herausforderung ist jetzt die, Prioritäten zu setzen.

Was raten Sie jungen Biologen am Beginn ihrer Berufslaufbahn?

Offenheit. Ich würde raten, moderne und klassische Methoden zu erlernen und die vielen Grundfragen in der Natur von diesen beiden Seiten zu beleuchten, um die Grundprinzipen richtig zu verstehen.

Welcher Teilbereich am LIB liegt Ihnen besonders am Herzen?

Mir liegen die vier komplementär aufgestellten Zentren am Herzen, die explizit über verschiedene Themenschwerpunkte und Visionen kollaborieren und im Sammlungs- sowie Sammel-basierten Austausch stehen.

Prof. Dr. Alexander Suh leitet seit April 2023 im LIB das Zentrum für Molekulare Biodiversitätsforschung (zmb) und ist Professor für Molekulare Biodiversitätsforschung an der Universität Bonn. Zuvor lehrte er in Großbritannien an der University of East Anglia und war Gruppenleiter an der Uppsala University in Schweden. Schon nach seinem Studium der Biologie an der Freien Universität Berlin und der Promotion an der Universität Münster begann er hier 2012 als Postdoc im Bereich Phylogenetische Systematik, um schließlich als Assistenzprofessor für Evolutionäre Genomik an der Uppsala University in Schweden zu arbeiten.

 

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