Alles Gute kommt von oben! DNA-basierte Nahrungsanalysen beim Kleinabendsegler
Portrait eines Kleinabendseglers, Nyctalus leisleri. © M. Koch
Grundbedürfnis und Voraussetzung zum Überleben ist eine ausreichende Versorgung mit Nahrung. Um eine Tierart zu schützen, ist es oft sehr hilfreich zu wissen, was diese Art bevorzugt und häufig zu sich nimmt. Über die Analyse der DNA-Spuren im Kot einer Kleinabendseglerkolonie konnten LIB-Forschende nun eine erstaunlich hohe Zahl – über 350 – verschiedener Insekten nachweisen, die von den Fledermäusen verspeist wurden.
Insbesondere bei kleinen oder nachtaktiven Tierarten kann es extrem schwierig sein, ihren Speiseplan zu ermitteln. Kleine Futterinsekten oder gar Reste davon sind zudem nur selten bis auf die genaue Art oder Familie zu bestimmen. Beim untersuchten Kleinabendsegler kommt hinzu, dass er eine Waldfledermausart ist, die auch erst einmal gefunden werden muss: „Nachts im Wald mit Peilsendern bestückten Fledermäusen zu folgen ist schon speziell“, sagt Martin Koch, Mitinitiator der Studie.
Erfreulich – aber auch erschwerend – kommt hinzu, dass im untersuchten Gebiet bei Bonn, den Wäldern des Natura 2000-Gebietes „Waldreservat Kottenforst“, etwa 13 verschiedene Fledermausarten leben. Zunächst machte das Team im Rahmen des EU-LIFE+ Projektes „Villewälder” (ein Naturschutzprojekt zum Erhalt der biologischen Vielfalt unserer Wälder) also Quartiere – die Wohnbäume – der Kleinabendsegler ausfindig, an denen sie dann das Ausgangsmaterial der Studie gewannen. Dies geschah dann mittels einer eigens dafür entwickelten „Kotfalle“ – etwas eleganter im englischsprachigen ‚guano trap‘ bezeichnet. Die Falle besteht aus einem etwa 2,2 Quadratmeter großen, rechteckig gespannten Mückennetz. Dieses wurde in etwa drei Meter Höhe am Baumstamm angebracht, unterhalb des Eingangs zur Wohnhöhle in rund neun Metern Höhe. Beim sogenannten „Dämmerungsschwärmen“, nach der nächtlichen Jagd auf Insekten, kehren die Fledermäuse zurück zur Wohnhöhle und umkreisen dabei zunächst den Baum. Immer wieder setzen sie sich dabei kurz neben den Höhleneingang und kleben einen kleinen Guano-Pellet an den Stamm. Dabei fallen regelmäßig Pellets ab und landen im Mückennetz unter dem Höhleneingang. Dieses „Fledermausguano“ wurde gesammelt, fixiert und im Labor weiterbearbeitet.
„Es ist faszinierend, wie viel DNA aus einer geringen Menge Kot extrahiert werden kann und wie viele Informationen wir aus der DNA gewinnen können: Von welcher Fledermausart stammt der Kot, und was hat die Fledermaus gegessen?“, erklärt Dr. Kathrin Langen von TA Metabarcoding. Mithilfe der in den Kotproben enthaltenen DNA konnten unsere Forscher neun Proben von neun verschiedenen Nächten bestimmen, in denen nur die Zielart um den Schlafbäumen schwärmte. An sechs weiteren Nächten waren auch andere Fledermäuse und eine Mäuseart um den Schlafbaum aktiv. Aus den neun Proben, die nur den Guano der Abendfledermaus enthielten, wurde dann ein erstaunlich vielfältiges Menü rekonstruiert: Die Gruppe verzehrte mindestens 126 verschiedene Arten von Nachtfaltern, 86 verschiedene Arten von Fliegen und Mücken, 48 Arten von Käfern sowie einige Dutzend andere Arten von Wanzen, Eintagsfliegen, Köcherfliegen und Schlammfliegen. Gelegentlich wurden auch Spinnen, Weberknechte, Läuse und andere kleine Tiere verzehrt.“
Aus den Ergebnissen konnte das Team zunächst ableiten, welcher der drei eingesetzten molekulargenetischen Marker am besten funktionierte und die meisten Artnachweise lieferte, insgesamt 358. „Es macht unglaublich Spaß zu sehen, was am Ende der ganzen Laborarbeiten und Bioinformatik an Artenlisten herauskommt“, so Dr. Sarah Bourlat, Leiterin der Sektion Metabarcoding am LIB, Bonn. Spannend zu beobachten war aber auch der zeitliche Verlauf der Zusammensetzung der verspeisten Insekten: von Ende März bis Ende Juni nimmt die Artenzahl im Guano stetig zu, um dann bis Mitte August wieder abzufallen. Das passt sehr gut mit dem Aktivitätsmuster bestimmter Insektengruppen überein.
Der Buchenwickler – eine Motte – war dabei der am häufigsten verzehrte Schmetterling, das Uferaas – auch „Vergängliche Jungfrau” genannt – die am häufigsten verspeiste Eintagsfliege. Zu den 18 wichtigsten Beutearten hat das Autorenteam die wichtigsten ökologischen Parameter in der Studie aufgelistet, um so einen Beitrag zu leisten, den Kleinabendsegler und die von seinen Futterinsekten benötigten Lebensräume besser schützen zu können.
Kontakt
Dr. Sarah Bourlat
Sektionsleiterin Metabarcoding
Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB)
Museum Koenig Bonn
s.bourlat@leibniz-lib.de
Martin Koch
Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB)
Museum Koenig Bonn
kochmartinp@gmail.com