Unser Schatz des Monats: Die Gefleckte Schnarrschrecke
Trotz des hohen Alters, immer noch top in Schuss: Die Gefleckter Schnarrschrecke, unser Schatz des Monats. © LIB, Dey
Sie ist 110 Jahre alt, aus der Nähe von Hamburg und unser Schatz des Monats: Die Gefleckte Schnarrschrecke hopst leider nicht mehr durch die Heidelandschaft nahe der Hansestadt – dort ist sie mittlerweile ausgestorben. Aus diesem Grund ist sie allerdings für die LIB-Forschung so wertvoll.
Ihren Namen trägt die Gefleckte Schnarrschrecke (Bryodemella tuberculata) aufgrund des schnarrenden Tons, den sie bei bis zu 50 Meter weiten Flügen von sich gibt sowie ihrer auffällig hellen, fleckigen Färbung. Insbesondere die Männchen können mit ihren gut ausgebildeten Flügeln hervorragend abheben, während Weibchen lieber am Boden bleiben. Grund dafür ist das Paarungsverhalten, bei dem die Männchen schnarrend und umwerbend um das sitzende Weibchen fliegen.
Die Sammlung im Museum der Natur Hamburg verfügt vor allem über historische Funde – wie unseren Schatz – aus der Umgebung der Hansestadt. Jüngst sind neuere Funde aus der Region um die Isar sowie aus Asien hinzugekommen, die Forschende des LIBs im Zuge ihrer wissenschaftlichen Feldarbeiten gesammelt haben. Insgesamt sind etwa 15 Präparate in der Entomologischen Sammlung zu finden. Die ältesten Exemplare wie unser Schatz sind bereits seit Gründung des Naturhistorischen Museums Bestandteil der Sammlung.
Die Gefleckte Schnarrschrecke gehört mit etwa 30 bis 40 Millimetern Länge zu den größten Feldheuschrecken Mitteleuropas. Unser Schatz des Monats zeigt, dass es sie vor mehr als 100 Jahren auch noch in der Nähe von Hamburg gegeben hat. Gefunden wurde sie in Buchwedel bei Stelle, etwa 30 Kilometer von Hamburg entfernt. Heute fehlt ihr dafür die passenden Lebensräume, denn ihr Habitat wurde durch uns Menschen zerstört, um Landwirtschaft zu betreiben. Die einstige Heidelandschaft ist der industriellen Landwirtschaft gewichen und Flussufer wurden für die Schifffahrt begradigt.
In der Lüneburger Heide kam es mittlerweile zu einer Renaturierung des Ökosystems – das bedeutet, dass die Landschaft aktiv zurück in eine Heide transformiert wurde. Somit konnte hier ein neues Habitat geschaffen werden, in dem unser Schatz sich wieder wohl fühlen sollte. Nach Ansicht von Lara-Sophie Dey, die sich im Zuge ihrer Forschungen am LIB ausgiebig mit unserem Schatz beschäftigt hat und derzeit das Molekularlabor am Museum der Natur Hamburg leitet, böten auch Truppenübungsplätze oder nicht begradigte Flussufer in Norddeutschland eine passende Lebensgrundlage.
Dennoch könne dort nun nicht einfach eine neue Gruppe an Schrecken ausgewildert werden, sagt Lara-Sophie Dey: „Wir beobachten, dass die Gefleckte Schnarrschrecke in den großen vier Gebieten in Europa seltener wird und ihre genetische Vielfalt verliert. Um ein langfristiges Überleben der Art zu sichern, braucht es diese genetische Vielfalt, die wir künstlich nur schwer herstellen können.“ Wichtig sei der Schutz der Arten auch deshalb, weil er nicht nur unserem Schatz, sondern auch verwandte Arten wie der Rotflügeligen Schnarrschrecke (Psophus stridulus) oder Türks-Dornschrecke (Tetrix tuerki) zugutekäme.
Lebend findet man sie leider nicht mehr in der Umgebung von Hamburg – in Asien oder an der Isar in Deutschland können wir der Gefleckten Schnarrschrecke noch begegnen. © Livia Baez