Eine innovative Methode zur Schätzung des Alters von Fossilienvorkommen

In diesem baltischen Bernstein ist ein Insekt eingeschlossen. Fossilienfunde wie dieser waren Teil der Methodenentwicklung innerhalb der Studie. © LIB, Żyła

 

Fossilien sind die wichtigste Quelle für Informationen über das Leben von vor Millionen von Jahren. Doch manchmal fehlt den Forschenden ein wichtiges Puzzleteil, um das ganze Bild zu sehen. Zum Beispiel, wenn die verfügbaren Daten nicht ausreichen, um das Alter von Fossilien und den Lagerstätten zu berechnen, in denen sie gesammelt wurden. Das schränkt natürlich das Wissen ein, das aus solchen Fossilien gewonnen werden kann. Im Rahmen einer Studie, wurde nun eine neue Methode zur Berechnung des Alters von Fossillagerstätten entwickelt.

In der Welt der Wissenschaft haben die Forschenden oft mit Funden zu tun, deren Ursprung Millionen von Jahren zurückliegt. Genaue Datierungen solcher Fossilien und ihrer Lagerstätten sind für das Verständnis des zeitlichen Ablaufs evolutionärer Ereignisse wichtig und ermöglichen es, Fragen zur Ökologie, Biogeografie und zum Klima der Vergangenheit zu beantworten. Es gibt jedoch einige Fossillagerstätten, bei denen die traditionellen Datierungsmethoden versagen und deren Alter ungewiss bislang bleibt. Dr. Dagmara Żyła, Leiterin der Käferabteilung am Museum der Natur Hamburg, hat nun zusammen mit einem Team von Forschenden eine neue Methode entwickelt, um das Alter problematischer Lagerstätten zu berechnen. Dazu kombinierten sie DNA-Informationen lebender Arten und die Morphologie fossiler sowie lebender Arten mithilfe der modernen Bayesschen Statistik.

Genauer gesagt basiert die Methode auf der „Bayesian total-evidence phylogenetic analyses under the fossilized birth-death model“ (=Bayes’sche phylogenetische Analyse der Gesamtevidenz nach dem fossilen Geburt-Tod-Modell), mit dem selbst unvollständige Informationen durch komplexe Berechnungen vervollständigt werden können.

Das Team untersuchte diesen Ansatz genauer, um herauszufinden, wie genau die Berechnungen sind. Zu diesem Zweck erstellten sie zunächst Beispieldatensätze von Käfern mit Fossilien und zeigten, dass die Berechnungen des Fossilalters mittels phylogenetischer Analyse genau sind. Später verwendeten sie einen realen Datensatz mit lebenden und fossilen Pinguinen, um die Ergebnisse zu bestätigen.

„Natürlich können wir das Alter von Fossilien umso genauer bestimmen, je mehr zuverlässige Daten wir haben. Dennoch hat unsere Studie gezeigt, dass dieser Ansatz auch bei lückenhafter Dokumentation zu validen Ergebnissen führt“, sagt Dagmara Żyła.

Diese Methode können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für Datensätze verwenden, bei denen viele Fossilien gut datiert sind, aber einige Exemplare aus einer Lagerstätte mit unsicherem Datum stammen, beispielsweise die baltische Bernsteinlagerstätte für Insekten – etwa die Käfer, die in der Studie als Modell verwendet wurden – oder die Lagerstätte in der Wüste Gobi für Dinosaurier.

„Die Kenntnis des Alters dieser problematischen Fossillagerstätten könnte für die Evolutionsbiologie, die Paläoökologie, die Biogeografie und die Paläoklimatologie von Nutzen sein. Sie gibt uns beispielsweise Aufschluss über die Reaktion der Ökosysteme auf die dynamischen Klimaveränderungen, die in der Vergangenheit stattgefunden und die heutige Tier- und Pflanzenwelt geformt haben“, fasst Żyła zusammen.

„Der nächste Schritt, an dem ich arbeite, ist die Anwendung unseres Ansatzes zur Berechnung des Alters des baltischen Bernsteins anhand von Käferdaten, die ich seit vielen Jahren aufgebaut habe. Baltischer Bernstein aus Nordeuropa ist ein herausragendes Vorkommen mit Tausenden von gut erhaltenen Fossilien, aber auch eines der Beispiele für Lagerstätten, deren Alter schwer zu bestimmen ist. Wir wissen, dass er aus dem Eozän stammt, aber seine Altersspanne liegt zwischen 55 und 34 Millionen Jahren – zu groß, um aussagekräftige Informationen zu liefern“, erklärt Żyła. Das sei sehr bedauerlich, vor allem, weil das Eozän eine Zeit dynamischen Klimas mit mehreren Erwärmungs- und Abkühlungsphasen war und als Pendant zu den heutigen klimatischen Veränderungen gilt. Die Kenntnis des Alters dieser Fossilien ist sehr wichtig, um die evolutionären Ereignisse zu rekonstruieren, die als Reaktion auf solche Veränderungen stattfanden.

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