Gesichter des LIB: Stefan Peters
„Ich schlage die Brücke zwischen der lebenden und nicht lebenden Natur.“
Stefan Peters in der mineralogischen Ausstellung am Museum der Natur Hamburg. © LIB, Gerisch
Steine sind für Stefan Peters wichtige Informationsspeicher. Denn sie erzählen Geschichten aus der Frühzeit der Erde. In die aktuelle Diskussion zur Energiewende ist der Geowissenschaftler dann eingebunden, wenn er zum Abbau kritischer Mineralien wie Lithium arbeitet. Seit Mai 2022 leitet Stefan Peters die Mineralogie im LIB und ist verantwortlich für die dazu gehörende Sammlung, Forschung und Ausstellung.
Was bedeutet Natur für Sie?
Mir macht es Spaß, mein eigenes Umfeld zu erforschen und das Verhältnis von Mensch und Kosmos zu verstehen. Und deshalb arbeite ich im Bereich Meteoriten, Kosmochemie und Evolution der frühen Erde.
Wo liegt Ihr Forschungsschwerpunkt?
Ich bin Isotopenchemiker, ich schaue mir die Zusammensetzung von Gesteinen an, um deren Entstehung besser zu verstehen sowie die Bedingungen und Prozesse, aus denen diese Steine entstanden sind. Dabei kann es sich um Prozesse im frühen Sonnensystem und der Planetenbildung handeln oder auch um eine Interaktion zwischen fester Erde, Atmosphäre und den Ozeanen. Diese Interaktionen sind in den Steinen gespeichert. Man kann sie durch Isotopenuntersuchungen rauskitzeln. Ich finde es spannend, Sachen als erster zu messen und Zusammenhänge zu finden, die vorher noch nicht auf diese Art und Weise verstanden wurden – also Strukturen in der Natur festzustellen, die es immer schon gegeben hat, die aber so noch nicht verstanden wurden.
Wie ist es ein Museum zu leiten?
Ich bin sehr glücklich, in die Fußstapfen von Jochen Schlüter getreten zu sein, er hat alles mit viel Liebe aufgebaut. Es ist sehr schön, damit zu arbeiten. Gleichzeitig kostet es viel Zeit, das alles kennenzulernen. Jeden Tag kommen neue Fragen und Aufgaben auf mich zu. Das kostet am meisten Zeit und deshalb komme ich derzeit kaum zum Forschen oder zu der Sammlungsarbeit. Aber auch hier habe ich viele Aufgaben, wie zum Beispiel Anfragen zu Forschungsmaterial zu beantworten. Oft kommen Kinder zu mir, die Steine im Urlaub gefunden haben und wissen wollen, um was es sich handelt. Das berührt mich sehr und erinnert mich an meine eigene Kindheit.
Was hat Sie zur Mineralogie und Geologie geführt?
Ich denke, dass es eine natürliche Neugierde war, die ich schon als Junge hatte. Ich habe mit Begeisterung Steine gesammelt. Ich bin oft mit meinen Eltern in die Alpen in Urlaub gefahren. Mein Vater hat mich irgendwann zu einem kleinen Verein mitgenommen, in dem Steine gesammelt wurden. Da war ich etwa elf und zum ersten Mal im Steinbruch. Ich fand das sehr beeindruckend. Schließlich bin ich so zum Geologiestudium gekommen. Eigentlich bin ich von der Geologie in die Geochemie gewandert und habe mich dann immer mehr von der Mineralogie entfernt. Ich habe immer stärker chemisch und physisch gearbeitet, habe Gase und Flüssigkeiten analysiert und immer abstrakter gearbeitet. Jetzt wieder in die Mineralogie zurückzukommen ist sehr schön – da schließt sich für mich ein Kreis. Zugleich gefällt es mir, im LIB forschungsmäßig eher im Bereich Physik und Chemie zu arbeiten und über die Naturgesetze eine Brücke zwischen Mineralogie und Biologie zu bauen.
Welches Mineral spricht Sie emotional am meisten an?
Das ändert sich. Derzeit ist es ein Magnetit, ein Eisenoxid aus einem Eisenerzlager. Er liegt auf meinem Schreibtisch. Diese Eisenerzlager sind zum Teil zwei Milliarden Jahre alt. Durch Isotopenmessung habe ich festgestellt, dass Sauerstoff in diesem Mineral einmal Teil der Atmosphäre war und seit etwa zwei Milliarden Jahren darin enthalten sein muss – das können wir uns nur sehr schwer vorstellen. Es ist sehr selten, dass Sauerstoff aus der Atmosphäre im Gestein gefunden wird. Es hat eine Weile gedauert zu verstehen, wie das passiert ist. Diese Geschichte finde ich sehr spannend. Und deshalb mag ich derzeit den Magnetit besonders gern.
Wo soll es mit dem Museum hingehen?
Ich möchte die LIB-Themen im Museum etwas weiter nach vorne bringen und damit auch eine Verbindung zum neuen Museum schlagen – in Form einer Probeausstellung. Ich möchte den Link zwischen lebender und nicht lebender Natur klarer darstellen.
Was wären Sie sonst geworden?
Am Anfang des Geologiestudiums habe ich auch mal überlegt abzubrechen. Ich hatte festgestellt, dass ich andere Interessen hatte, die durch das Studium nicht bedient wurden. Ich habe mich damals auch sehr für geisteswissenschaftliche Themen interessiert, wie Philosophie und die niederländische Sprache. Den fehlenden Input habe ich dann versucht zu kompensieren und geowissenschaftliche Gedichte geschrieben, die wir dann auch in der Fachschafts-Zeitschrift veröffentlicht haben. Ich hatte auch überlegt, Biologie zu studieren und habe mich auch für Astronomie und Astrophysik interessiert. Ich glaube, ich bin als Forscher auf dem richtigen Weg.
Wo sehen Sie Ihre Aufgabe innerhalb des LIB?
Ich kann die Brücke schlagen zwischen der lebenden und nicht lebenden Natur und bin damit im LIB auch relativ allein. Es geht mir um den Zusammenhang zwischen Geosphäre, Atmosphäre, Hydrosphäre und Biosphäre in der heutigen Welt und auch in der geologischen Vergangenheit. Ich bin gewohnt in sehr großen physischen und zeitlichen Größenordnungen zu denken, ich glaube das ist manchmal hilfreich, wenn man sich die Prozesse in der Natur anschaut.
Welcher Aspekt Ihrer täglichen Arbeit ist Ihr Highlight?
Momentan ist es die inhaltliche, die wissenschaftliche Arbeit. Sammlungstechnisch freue ich mich, wenn ich schöne Stücke entdecke. Und in der Museumsarbeit mag ich es besonders, wenn wir Kinder begeistern können.
Welchen Rat haben Sie für junge Mineralogen, die ihre Karriere beginnen?
Ich rate den Studierenden, die eine wissenschaftliche Karriere anstreben: Versucht mit Ablehnung klarzukommen, weil es in einer wissenschaftlichen Karriere unglaublich viel Ablehnung gibt. Ablehnungen von Papern und Anträgen und so weiter. Seid kritisch gegenüber der eigenen Arbeit und auch der anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Ein wichtiges Gebiet in der Mineralogie ist zurzeit, mit kritischen Mineralien zu arbeiten. Diese Forschung ist wichtig beim Übergang in eine CO2-neutrale Wirtschaft – hier liegt ein großes, für die Menschheit wichtiges Arbeitsfeld.
Was sollen die Menschen in zehn Jahren mit dem LIB assoziieren?
Natürlich die Sachen, die momentan schon aus dem LIB heraus sprechen. Ich für meinen Teil würde gerne die Geowissenschaften nach vorne bringen und sichtbarer machen. Wir haben eine wahnsinnig schöne mineralogische Sammlung, die von den Menschen gesehen werden sollte. Wir arbeiten an Themen, die sehr wichtig für die Evolution des Lebens sind. Das würde ich gern sichtbarer machen.
Dr. Stefan Peters
Nach seinem Master in Geowissenschaften an der Vrije Universiteit Amsterdam und seiner begleitenden Tätigkeit bei der EASA, zog der gebürtige Niederländer nach Bonn, um an der Universität zu Köln zu Meteoriten zu promovieren. Anschließend war er fast sieben Jahre an der Georg-August-Universität Göttingen als Akademischer Rat auf Zeit tätig und absolvierte ein Humboldt-Stipendium in St. Diego. Bevor Dr. Stefan Peters im Mai 2022 am LIB als Leiter der Mineralogie und des Museums der Natur – Mineralogie begann, hat er für ein Jahr im isländischen Reykjavik an der Universität Islands im Bereich Geochemie gearbeitet.