„Die Natur ist noch zu retten“ – Bernhard Misof zur Weltnaturkonferenz

© LIB, Steinkröger

 

Es geht um die Rettung des Planeten, um die Wende in der Biodiversitätskrise. Ab dem 7. Dezember treffen sich Regierungsvertretende aus fast 200 Staaten im kanadischen Montreal mit dem Ziel, einen Pakt zum Schutz der Natur zu schmieden. LIB-Generaldirektor Prof. Dr. Bernhard Misof glaubt, dass die Natur noch zu retten ist, wenn wir die richtigen Maßnahmen ergreifen:

Was erwarten Sie von der Weltnaturkonferenz Montreal?

Ich erhoffe mir von der Weltnaturkonferenz in Montreal sehr viel. Vor zwei Wochen hat die Artenschutz-Konferenz in Panama stattgefunden. Sie kann sehr viele Erfolge aufweisen, etwa den Schutz von 60 Hai-Arten international, den Schutz der Elefanten und des Elfenbeins. Dann ist das eine sehr, sehr positive Entwicklung. Und wir spüren ja um uns herum und auch international, dass man endlich so weit ist, wirklich etwas für den Naturschutz und für den Schutz der biologischen Vielfalt zu tun. Auch wenn nicht die Regierungschefs in Montreal sein werden, wird es doch eine Arbeitsebene geben, auf der man hier wirklich substanzielle Fortschritte hoffentlich machen kann.

Ist die Natur noch zu retten?

Die Natur ist schon noch zu retten. Es gibt diverse Modellierungen, die zeigen, dass wir, wenn wir die richtigen Schritte setzen, durchaus positiv eine Trendumkehr schaffen können. Die richtigen Schritte sind der Schutz von natürlichen Ökosystemen, die Veränderung unseres Konsumverhaltens und letztendlich auch die Abkehr von den fossilen Energieträgern. Alle diese drei Komponenten zusammengenommen würden es uns ermöglichen, tatsächlich eine Trendumkehr im Verlust der Biodiversität zu bewirken. Wir müssen es nur alle wollen und das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt, den wir insgesamt als Zivilgesellschaft vor uns haben und den wir aufgreifen müssen und letztendlich auch umsetzen müssen.

Wo sollte der Naturschutz ansetzen?

Der Naturschutz sollte auf folgenden Ebenen ansetzen: Es geht natürlich auch darum, gefährdete Arten vor dem Aussterben zu schützen. Das ist sehr wichtig. Aber der eigentliche Ansatz im Naturschutz muss der sein, dass wir sagen, es darf keinen Konflikt zwischen Klimaschutz und dem Schutz von Biodiversität geben. Es muss gemeinsam gedacht werden und eine der Lösungen ist, naturbasierte Lösungen zu fördern. Was sind Natur basierte Lösungen? Es geht darum, Ökosysteme, die auch als CO2 Speicher dienen können, zu schützen beziehungsweise auch wieder naturnah zu machen und sie zu pflegen. Es gibt die berühmten 30/30 Ziele, das heißt, 30 Prozent unseres Globus ist zu schützen bis zum Jahr 2030. Die Umsetzung dieser Ziele wäre genau das, was wir benötigen –neben der Veränderung unseres Konsumverhaltens, neben der Abkehr von den fossilen Energieträgern.

Wo setzt das LIB mit seiner Forschung und Vermittlung an?

Das LIB jetzt mit seiner Forschung an zwei oder vielleicht sogar drei unterschiedlichen Ebenen an: Ebene eins: Wir erforschen und charakterisieren die wahnsinnig faszinierende Vielfalt der Natur. Man bedenke, dass wahrscheinlich 50 Prozent oder 30 Prozent aller biologischen Arten überhaupt noch gar nicht beschrieben und bekannt sind. Die zweite Ebene am LIB ist die, dass wir uns sehr, sehr stark dafür engagieren, die Vielfalt in ihrer genomischen Grundlage zu verstehen. Und die dritte Ebene ist die Vielfalt auch zu verstehen, indem wir über Monitoring forschen, Monitoring-Methoden entwickeln und Naturschutzforschung betreiben. Diese Forschungsrichtungen zusammen genommen ergeben ein umfassendes Bild zur Biodiversität und was wir letztendlich daraus auch generieren können zum Handlungswissen.

Und wenn man über Vermittlung nachdenkt, dann sind das auch genau unsere Themen. Wie können wir die Faszination der Natur vermitteln? Wie können wir vermitteln, welche Notwendigkeiten bestehen, die Natur draußen zu beobachten und zu verstehen? Die Ursachen des Rückgangs der biologischen Vielfalt zu verstehen, letztendlich mit dem Ziel auch, eine Verbundenheit mit der Natur zu schaffen. Denn nur die Emotionalität wird uns die Möglichkeiten geben, in jedem einzelnen Menschen etwas zu bewirken, was zum Schutz der Natur, zum Schutz der Biodiversität führt.

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