Gesunder Geist – gesunde Natur


Moderatorin Oberleutnant Melina Hannig    ©Sabine Heine

 

Warum wir als Soldatinnen und Soldaten oder Veteraninnen und Veteranen auch eine intakte Natur benötigen: Dieses Thema debattierten in einer gut besuchten Fish-Bowl-Diskussion mit internationaler Beteiligung Besuchende des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels am Samstag, 26. November 2022, im Museum Koenig Bonn gemeinsam mit Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Oberleutnant Melina Hannig (Radio Andernach) moderierte die Diskussion zwischen Militär und Wissenschaft zu den Herausforderungen im Umgang mit Mensch und Natur. 

“Wir sind Vorbilder und weder Missionare noch Okkupatoren“ erläuterte Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis. Deutlich hob er den Auftrag der Bundeswehr hervor, ein Leben einerseits in Frieden mit einem Demokratieverständnis und andererseits im Sinne des Naturschutzes vorzuleben. Auch wenn die deutschen Umweltschutzauflagen im Einsatz eingehalten werden müssen, für die Vermittlung ökologischer Werte gibt es andere Beauftragte mit entsprechenden Kompetenzen. In den Einsatz-Ländern werden zusätzliche Partnerinnen und Partner gesucht, um für ein Leben in Ruhe zu sorgen. Ebenso fällt Politikberatung nicht in den Aufgabenbereich der Bundeswehr. Soldatinnen und Soldaten kommen zum Einsatz, weil die Politik es entscheidet.

Obwohl der Beitrag der Bundeswehr zur Nachhaltigkeit nicht die erste Priorität hat, übernehmen die Europäische Union und Deutschland eine Vorreiterrolle. Im Camp Castor in Mali, gelegen in einer „Wüstenei“ mit sehr geringen Wasserressourcen, wurde die Wasseraufbereitung derart angelegt, dass die Versorgung der einheimischen Bevölkerung nicht beeinträchtigt wird. Die NATO ist bestrebt, ihr strategisches Bewusstsein für sicherheitsrelevante Entwicklungen im Energiebereich zu schärfen, den Schutz kritischer Energieinfrastrukturen auszubauen und eine zuverlässige und effiziente Energieversorgung des Militärs sicherzustellen.

Biodiversitätsverlust und Klimawandel erhöhen das Risiko für Krisen. „Wie kann man Konflikte vermeiden, die durch den Verlust an Artenvielfalt hervorgerufen werden?“ fragte Prof. Dr. Bernhard Misof, Generaldirektor des Leibniz-Instituts zur Analyse das Biodiversitätswandels. Daniela Skrzypczak, Fotografin und Autorin des Buches „Gesichter des Lebens“, ergänzte: „Wir möchten Menschen zu ihren eigenen Botschafterinnen und Botschaftern machen. Die große Dürre in Ostafrika zeigt: nur mit einer intakten Natur gibt es ein friedliches Miteinander. Durch Biodiversitätsverlust und Klimawandel gibt es dort immer weniger Platz für immer mehr Menschen. Das Konfliktpotential liegt auf der Hand“.  Doch die Antwort auf diese Fragen und Geschehnisse kann nicht allein durch die Bundeswehr gegeben werden.

Zwar kann der Verlust an biologischer Diversität vielfältige Einsätze der Bundeswehr zur Folge haben, deren originäre Aufgabe es jedoch nicht ist, den Naturschutz vorwärts zu bringen. Das Militär beobachtet die Geschehnisse und arbeitet mit anderen Verantwortlichen zusammen. Die Expertise der Wissenschaft ist in diesem Kontext zwingend erforderlich.

Die Frage nach der Bedeutung der Natur für den Einzelnen wurde gleichzeitig überlegt und emotional beantwortet. „Soldatinnen und Soldaten gehen immer mit der Natur zusammen, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehen mag“ erklärte Oberstleutnant Matthias Ott, Kommandant Stabsquartier im Kommando Streitkräftebasis. „Wenn man einen Fluss sieht, fragt man sich: Wo ist der Fisch? Unter Umständen ist es so: Wenn ich keinen Fisch bekommen kann, dann habe ich kein Essen“ beschrieb Christophe Böckling, Repräsentant Fédération Memorial l’Otan, die Situation. Nachhaltige Nutzung sei sowohl im Einsatz als auch im Alltag ein Thema, das nie außer Acht gelassen werde.

Afghanistan wurde als „tolles Land“ hoch gelobt, die Natur dort ist einzigartig. Sicherlich sei es auch eine Region mit potentiell wunderbaren, teils unberührten Urlaubsgebieten, wenn es nicht so verfeindet wäre. Ohne Lichtverschmutzung mit einem Blick in den klaren Sternenhimmel und ohne die extremen Konfliktsituationen sei das Land ein Erlebnisort besonderer Güte. Zwar gibt es während eines Einsatzes „Luft nach oben“ in der Optimierung, zum Beispiel bei der Entsorgung von Abfällen eines Camps. Dennoch geht der Blick für die Schönheiten nicht verloren.

In Zeiten kurz nach dem Ende des Bosnienkrieges war Bosnien-Herzegowina ein Land voller Schönheit. Doch die sicheren Fahrtrouten zu verlassen, war damals sehr gefährlich, weil Minen als Reste des Bürgerkrieges den Weg versperrt haben. Dies ist ein Vierteljahrhundert her – und dank der Minenräumungen kann man sich heute dort gefahrlos bewegen.

Durch die Auseinandersetzung in den Kriegen verändern sich innere Einstellungen von Soldatinnen und Soldaten. Wälder werden Zufluchtsorte oder das Gegenteil: sie werden aus Furcht nicht mehr betreten. Doch egal wie die Psyche sich verändert: Natur ist etwas, an das man sich positiv erinnert – trotz aller Strapazen, wenn man im Einsatz unterwegs ist oder war.

Eine Veranstaltung im Rahmen des Aktionsplans II der acht Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft im Kontext des Wissenschaftsjahr2022 „Nachgefragt“. Gleichzeitig auch ein zweites Tischgespräch von „Gesichter des Lebens“.

 


©Sabine Heine

Daniela Skrzypczak, Autorin “Gesichter des Lebens”, Moderatorin Oberleutnant Melina Hannig, Prof. Dr. Bernhard Misof, Generalleutnant Martin Schelleis, Oberstleutnant Matthias Ott, Kommandant Stabsquartier im Kommando Streitkräftebasis und Christophe Böckling, Repräsentant Fédération Memorial l’Otan, (vlnr) zu Beginn der Veranstaltung.

 

 


©Sabine Heine

Prof. Dr. Bernhard Misof und Generalleutnant Martin Schelleis.

 


©Sabine Heine

Dr. Karen Meusemann betrat den Innenkreis der Fish-Bowl-Diskussion und stellte ihre Fragen. Im Hintergrund: Daniela Skrzypczak, Oberleutnant Melina Hannig (vlnr).

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