Gesichter des LIB: Katja Waskow

“Vielfalt ist die Eisdiele des Lebens.”

 

© Oriana Wojewski-Yelle

 

Sie möchte die Menschen für die Natur und Artenkenntnisse begeistern: Katja Waskow ist Koordinatorin des Projekts FörTax – Förderung von taxonomischem Wissen als Grundlage für den Naturschutz am LIB. Sie möchte mit ihrer Arbeit  möglichst alle in der Gesellschaft erreichen und die Bedeutung der Biodiversität vermitteln. Im Interview verrät sie außerdem wie Dinos im Garten ihres Großvaters sie zur Paläontologie führten.

Was hat Sie zur Biologie geführt? Gab es ein Schlüsselerlebnis?

Über die Paläontologie: Als Paläontologin habe ich mich mit dem Klassiker unter den ausgestorbenen Lebewesen  – den Dinosauriern – beschäftigt. Schuld daran sind unter anderem die noch heute lebenden Dinos, die in meiner Kindheit durch den Garten meines Großvaters gelaufen und geflogen sind: Tauben.  Vögel und Dinosaurier sind eng verwandt und sind somit sozusagen die “modernen” Dinos in unseren Gärten. Mein Großvater war passionierter Züchter und so kam es, dass die jungen Tauben, die noch nicht fliegen konnten, oft mit mir gemeinsam auf der Wiese gesessen haben. Auch wenn ich damals noch keinen konkreten Berufswunsch hatte, denke ich im Nachhinein, dass dies einer der Auslöser für meine Begeisterung für die Natur war.

Was ist ein tägliches Highlight Ihrer Arbeit, was gefällt Ihnen am meisten?

Täglich etwas Neues dazu zu lernen, nicht nur im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, sondern besonders auch in Gesprächen mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft, wenn ich ihnen im Dialog die Bedeutung der Natur und Evolution für unser Leben im hier und jetzt näher bringen kann.

Was bedeutet Natur für Sie persönlich?  Gibt es einen Lieblingsort in der Natur?

Ein Aufenthalt in der Natur bedeutet: abschalten, durchatmen, auftanken. Hierfür gibt es mehr als nur einen schönen Ort. Aber die wichtigsten Orte sind zweifelsfrei die, die direkt vor der Tür liegen und daher täglich erreichbar sind – zum Beispiel ein nahegelegener See oder der Wald.

Krebse, Fische, Schmetterlinge: Wer hat ihre ganz persönliche Zuneigung und wieso?

Neben den schon genannten heute noch lebenden Dinos, den Vögeln, gilt meine besondere Faszination dem Leben im Wasser. Aus diesem Grund zählen neben den Sauropoden auch die marinen Reptilien zu meinem Fachgebiet.

Wie erklären Sie Kindern den Begriff Biodiversität?

Ganz einfach mit einem Wort: Vielfalt – Vielfalt der Tiere, Pflanzen, Pilze, Bakterien sowie der Lebensräume und der Gene. Kurz: Vielfalt ist die Eisdiele des Lebens.

Welcher Teilbereich am LIB liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen?

Erwartungsgemäß die Abteilung Bildung und Vermittlung inklusiver der Ausstellungen. Erst der breite Transfer des Wissens in die Gesellschaft gibt den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die bei uns am Hause gewonnen werden, einen tieferen Sinn. Wir können dazu beitragen, das Denken und Handeln der Menschen zum Wohle der Natur zu verändern.

Was sollen die Menschen in zehn Jahren mit dem LIB assoziieren?

Lebensfreude, Nachhaltigkeit, Vielfalt, Forschung, und Innovation.

Wie begeistern wir möglichst viele Menschen für Artenkenntnisse und Naturschutz? 

Was man kennt und liebt, das möchte man auch schützen. Die Herausforderung besteht also in erster Linie darin, die Menschen wieder für die Natur zu begeistern. Hierfür braucht es vor allem Raum für Berührungspunkte mit der Natur selbst. Wir müssen vor allem auf die große Gruppe der Nicht-Besuchenden, Menschen die klassischerweise nicht zu uns ins Museum kommen, aktiv zugehen. Mit einer emotionalen Bindung entsteht die Lust an der Artenkenntnis dann durch den eigenen inneren Antrieb der Interessierten. Ergänzend braucht es  Bildungsangebote und Expertenwissen, um den entstehenden Wissensdurst  zu stillen. Gerade hierbei können die Akteurinnen und Akteure im Citizen Science Bereich eine wichtige Rolle spielen.

Was wären Sie geworden, wenn es mit der Biologie nicht funktioniert hätte?

Vermutlich Maskenbildnerin oder Veterinärmedizinerin. Das waren zumindest meine ersten Intentionen nach dem Abitur, denen ich dann aber doch nicht nachgegangen bin.

Was raten Sie jungen Biologinnen und Biologen am Beginn ihrer Berufslaufbahn?

Nehmt möglichst Vieles auf dem Weg mit und sammelt Erfahrungen, wo es geht. Die zahlreichen Grabungen, Exkursionen, Praktika, sowie die Arbeit in der Lehre, Ausstellungsgestaltung, Präparation, Museumspädagogik und die Tätigkeiten für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die mich während meines Studiums begleitet haben, waren wertvolle Erfahrungen, die ich nicht missen möchte. Davon habe ich viel mitgenommen, was nicht in Büchern steht oder in Vorlesungen gelehrt wird.

Haben Sie einen Traum, was Ihre Arbeit in fünf oder zehn Jahren bewirkt habe könnte?

In zehn Jahren möchte ich gemeinsam mit meinem FörTax-Team und dem gesamten LIB dazu beigetragen haben, ein Umdenken in der breiten Gesellschaft zum verantwortungsvollen Umgang mit der Natur angestoßen zu haben . Das Bewusstsein der Politik für die immense Wichtigkeit der Biodiversität für unsere eigene Existenz ist hierfür unerlässlich. Daher ist mein erklärtes Ziel, die Arbeit am FörTax-Projekt auch nach Ende der momentanen Laufzeit fortzuführen – und das Projekt idealerweise weiter auszubauen, auch über die Grenzen des LIB hinaus.

 

Dr. Katja Waskow studierte Geologie und Paläontologie an der Universität Bonn und promovierte in der Biologie über die Rippenhistologie von Wirbeltieren. Schwerpunkt ihrer Arbeit war hierbei die Rekonstruktion der Wachstumsraten und Lebensgeschichte verschiedener Sauropodentaxa sowie die Erforschung mariner Reptilien. Ihr Engagement in der Ausstellungs- und Öffentlichkeitsarbeit  sowie Museumspädagogik führte sie an das LIB. Seit 2020 koordiniert sie am Museum Koenig Bonn das FörTax-Projekt, welches die breite gesellschaftliche Vermittlung von Artenkenntnis als Grundlage für den Naturschutz zum Ziel hat. Zudem engagiert sie sich innerhalb des LIB als Ansprechpartnerin im Bereich Citizen Science, als Mitglied des Personalrates, des Festkomitees und der Nachhaltigkeits-AG.

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