Gesichter des LIB: Albia Consul

„Wir etablieren genetische Marker, um illegalen Wildtierhandel innerhalb Europas und darüber hinaus zu identifizieren. Das spannende ist, dass wir bei der Strafverfolgung direkte Unterstützung leisten können.“

 

© Sabine Heine

 

Albia Consul möchte den Wildtierhandel ausbremsen und zugleich die Jugend mithilfe von Wissensvermittlung biologisch inspirieren: Den Spagat schafft sie am LIB, indem sie ein spezielles Projekt koordiniert, um illegalen Handel mit Wildtieren in Europa zu identifizieren und sich zugleich im Bereich der Bildungs- und Vermittlungsarbeit des LIB einzubringen. Warum ein Umdenken besonders bei der jungen Generation wichtig ist, verrät sie im Interview:

Was hat Sie zur Biologie geführt? Gab es ein Schlüsselerlebnis?

Aufgewachsen bin ich in einem Dorf im Rheinland mit Wäldern, Bergen, Bächen und Maaren ringsherum – sehr idyllisch. Als Kind sind wir mit der ganzen Familie ständig draußen unterwegs gewesen und da habe ich bereits unaufhörlich Warum-Fragen zu jedem Käfer, Vogel und jeder Pflanze gestellt. Meine Neugierde Zusammenhänge verstehen zu wollen war sehr groß und ist auch weiterhin eine Leidenschaft geblieben. So war es für mich ein Muss auch die wissenschaftliche Seite der Natur kennenzulernen.

Welcher Aspekt Ihres Berufsalltags ist Ihr Highlight?

Im aktuellen FOGS Projekt (Forensic Genetics for Species Protection) etablieren wir genetische Marker, um illegalen Wildtierhandel innerhalb Europas und darüber hinaus zu identifizieren. Das spannende ist, dass wir bei der Strafverfolgung direkte Unterstützung leisten können. Zudem ist es für die eigene Arbeit interessant die Abläufe anderer Berufsbereiche kennenzulernen und zu verstehen. Gleichzeitig ist es inspirierend und im positiven Sinne herausfordernd mit Menschen, die die gleichen Interessen und Ziele verfolgen, in Kontakt zu stehen und darüber hinaus Kommunikationsnetzwerke zu formen. Ich sehe es als eine Hauptaufgabe von mir an, komplexe wissenschaftliche Inhalte unserer Forschungsprojekte an die breite Öffentlichkeit zu vermitteln. Ich freue mich immer, wenn bei Führungen Kinder und Erwachsene sind, die häufig mit offenen Mündern ganz still zu hören und dann neugierig ganz viele Fragen stellen. Mit Leidenschaft arbeite ich zudem an neuen Ausstellungsformaten: Hier lasse ich meine Expertise  einfließen und erstelle eigene Konzepte.

Was bedeutet Natur für Sie persönlich? / Wo ist Ihr Lieblingsort in der Natur?

Natur ist für mich tatsächlich alles. Das bin ich in Kommunikation mit meinem Umfeld, der Flora und Fauna. Als Freilandbiologin auf Exkursionen und auf privaten Reisen habe ich sehr viele schöne Orte in Wüsten, Regenwälder und gemäßigten Zonen entdecken dürfen sowie die unterschiedlichsten Menschen und Kulturen kennengelernt. Am nachhaltigsten haben mich immer wieder Gletscher und Berglandschaften beeindruckt. In der Höhe fühle ich mich als Teil von etwas Größerem. Mittlerweile bin ich Großstädterin und nutze oft die Möglichkeit in der Umgebung Wandern zu gehen. Zum Beispiel im Siebengebirge oder in der Eifel gibt es viele kleine Lieblingsorte, die ich immer wieder gerne besuche.

Krebse, Fische, Schmetterlinge: Wer hat ihre ganz persönliche Zuneigung?

Als Herpetologin stehen natürlich Reptilien bei mir hoch im Kurs, da es  sie in allen Formen gibt – zum Beispiel mit und ohne Beine. Ihre Wandelbarkeit ist einfach faszinierend: ob zu Luft, auf Erden oder im Wasser – sie können sich fast überall mit einer faszinierenden Dynamik fortbewegen und evolutionär durchsetzen.

Was ist für Sie die größte Herausforderung im Umweltschutz?

Nicht müde zu werden über die Themen Klima, Nachhaltigkeit und Konsum zu sprechen und auch miteinander in der Kommunikation zu bleiben. Wir müssen begreifen, dass nur wenn wir unsere menschliche Gesellschaft als Teil der Natur, eines Ökosystemkreislaufs verstehen, auch wirklich positive Veränderungen initiieren können. Innerhalb des LIB haben wir uns zu einem Arbeitskreis Nachhaltigkeit zusammengetan. Wir wollen nicht nur privat, sondern auch für und vor allem mit unserem Arbeitgeber große grüne Schritte gehen.

Was wären Sie geworden, wenn es mit der Biologie nicht funktioniert hätte?

Sehr wahrscheinlich wäre ich trotzdem auf Umwegen an das Naturkundemuseum gekommen und als Natur- und Reiseführerin biologische Themen an Besuchergruppen vermittelt.

Was raten Sie jungen Biologen am Beginn ihrer Berufslaufbahn?

Folgt eurer Leidenschaft und bleibt vor allem neugierig. Stellt von Anfang an Fragen und bleibt so oft es geht im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Aber macht Euch früh ein genaues Bild darüber, welche Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt bestehen, denn das hilft offen und flexibel zu bleiben. Momentan ergeben sich sehr viele neue Fachgebiete, die interessant sein könnten.

Welcher Teilbereich am LIB liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen?

Alle Bereiche sind im Einzelnen hervorzuheben, aber auch in ihrer Gemeinsamkeit sehr stark. Interdisziplinäre Forschung zu vermitteln, liegt mir am Herzen. Besonders wichtig finde ich die Vermittlung der naturnahen LIB Forschungsthemen an die Öffentlichkeit. Wir müssen bei unseren Kindern beginnen und ihnen die Möglichkeit geben, die Natur zu erfahren und ihnen biologische Themen interessant und spannend vermitteln. Gemeinsam können wir ein globales Umdenken bewirken.

Haben Sie einen Traum, was Ihre Arbeit in fünf oder zehn Jahren bewirkt habe könnte?

Wenn ich zum jetzigen Zeitpunkt zehn Jahre zurückblicke, sehe ich bereits positive Effekte aus bisherigen Projekten: In der Wissensvermittlung bekommen wir recht schnell ein Feedback und ich konnte Schülerinnen und Schüler inspirieren, sich wieder mehr für naturwissenschaftliche Studienmöglichkeiten zu interessieren. Für das FOGS Projekt wünsche ich mir, dass die Erstellung von Datenbanken mit genetischen Informationen zur Routine wird und wir so vor allem global ein Netzwerk schaffen, mit dem wir die Justizbehörden unterstützen und einen sichtbaren Beitrag zum Schutz der Biodiversität leisten können.

 

Albia Consul studierte Biologie an der Universität Bonn und untersuchte für ihre Abschlussarbeit die Reptilienfauna in Bolivien. Mehre Monate verbrachte sie in einem Naturreservat des zweitgrößten Bioms nach dem Amazonas, dem Gran Chaco. Als zertifizierte Projekt- und Prozessmanagerin leitete sie unter anderem Projekte am Naturkundemuseum in Stuttgart, Berlin und der Universität Gießen.

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